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Geisterstädte des 2. Weltkriegs in England
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(Achtung: Enthält Spoiler für Episode: 19×01: Das umtote Dorf)
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Ein Vorhang öffnet sich und gibt den Blick auf einen Raum mit neun Personen frei. Alle Personen sind im Stil der 1940er Jahre gekleidet. Fast alle sitzen an drei Tischen, nur die ältere Frau, die den Vorhang geöffnet hat, steht vor ihnen und beendet gerade ihre Präsentation über ein lebendiges Museum in Little Auburn. Es ist Sylvia Lennard.
Die Anwesenden applaudieren ihr. Roderick Craven, der Landlord von Great Auburn und Erbe von Little Auburn, bedankt sich bei ihr. Vor 75 Jahren wurde Little Auburn Militärstützpunkt und verfiel nach dem Krieg zu einem Geisterdorf. Die Bewohner gründeten unweit davon Great Auburn, doch morgen gibt die Armee das Land an die Familie Craven zurück. Im Gegenzug will der Landlord ein Projekt unterstützen. Es gibt drei Gruppen, die sehr unterschiedliche Ideen haben – darunter auch das lebende Museum von Sylvia Lennard.
Verlassen
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Wie einige andere Dörfer in England wurde auch Little Auburn im Zweiten Weltkrieg verlassen. Hier wie dort bauten die Bewohner*innen in der Nähe ein neues Dorf. Doch im Gegensatz zu den anderen Geisterdörfern durften die Bewohner*innen von Great Auburn 2016 in ihre Heimat oder in die Heimat ihrer Vorfahren zurückkehren.
Der Drehort für Great Auburn, Little Missenden, in Buckinghamshire ist und war kein Geisterdorf. Es existierte bereits als Siedlung in angelsächsischer Zeit, sodass es nicht verwunderlich ist, dass es im Domesday Book erwähnt wurde.
Aber zurück in die 1940er Jahre: In Vorbereitung auf den Angriff der Alliierten in der Normandie wurden mehrere Dörfer von Zivilisten ‚geräumt‘ und als Übungsgelände für die britische Armee und die US-Streitkräfte genutzt: Für das Schlachtfeld Stanford in Norfolk wurden sechs Dörfer umgesiedelt: Buckenham Tofts, West Tufts, Langford, Stanford, Sturston und Tottington.
Sie wurden durch Imber in Wiltshire und Tyneham in Dorset ergänzt. Die letzten beiden sind heute so etwas wie Freilichtmuseen, in das man besuchen kann. Die ehemaligen Bewohner*innen dürfen es natürlich auch besuchen – aber nicht darin wohnen.
Tyneham, Dorset
Ein Dorf mit 102 Häusern, einer Kirche und einem Bauernhof. Ende November 1943 erhielten die 225 Einwohner*innen von Tyneham die Nachricht, dass sie ihr Dorf innerhalb von vier Wochen verlassen müssen.
Sie durften nicht mal mehr das Weihnachtsfest 1943 zu Hause verbringen. Die Familie Bond, der der größte Teil des Dorfes gehörte, erhielt eine Entschädigung in Höhe von 30.000 Pfund (heute fast 1.000.000 Pfund wert). Die Einwohner*innen erhielten einen kleinen Betrag für das, was sie angebaut hatten. Sie erhielten aber nichts für die Häuser, die die britische Armee nach dem Krieg zurückzugeben versprach. Die britische Armee nutzte das Dorf und die umliegenden 7.500 Hektar für Truppenübungen und Manöver.
“ The Government appreciate that this is no small sacrifice which you are asked to make. But they are sure that you will give this further help towards winning the war with a good heart.”
Die letzten Bewohner*innen verließen das Dorf am 17. Dezember 1943 in dem Glauben, dass die Regierung ihr Versprechen halten würde.
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Ein gebrochenes Versprechen.
Die Einheimischen unternahmen mehrere Versuche, das Militär umzustimmen – ohne Erfolg. Tyneham wurde zu einem Geisterdorf.
Die Armee erließ 1947 eine Enteignungsanordnung für das Land, was bedeutete, dass niemand zurückkehren konnte. Seitdem gehört es dem Verteidigungsministerium und wird an Wochentagen für Schulungen genutzt. An den Wochenenden ist es eine Touristenattraktion, bei der die Menschen durch verlassene Gassen und die Überreste alter Häuser spazieren.
Im Jahr 2008 wurde die Tyneham Farm wieder für die Öffentlichkeit geöffnet und wird derzeit restauriert. Das Schulhaus und die Kirche aus dem 13. Jahrhundert sind als Museen erhalten. An der Kirche hängt noch immer eine Nachricht, die Evelyn Bond im Dezember 1943 hier anbrachte: “Please treat the church and houses with care; we have given up our homes where many of us lived for generations to help win the war to keep men free. We shall return one day and thank you for treating the village kindly.“
Imber, Wiltshire
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Imber hatte ein ähnliches Schicksal. Ein altes Dorf mit alten Wegen, die zu ihm führen.
Wie in Tynedale gab es hier Siedlungen aus der römischen und angelsächsischen Zeit und auch eine Erwähnung des Dorfes im Domesday Book.
Im Gegensatz zu Tyneham hatte die Regierung jedoch schon vor 1943 ihre Finger im Spiel. Bereits seit dem späten 19. Jahrhundert hatte das britische Kriegsministerium immer mehr von Imber erworben, um dort Übungsanlagen einzurichten. Bis 1940 besaß es alles außer der Schule, der Kirche und dem Pub.
Wie in Tyneham informierte die britische Armee im November 1943 die britische Armee, dass alle Bewohner*innen das Dorf vorübergehend verlassen müssten. Ebenfalls bis zum 17. Dezember. Auch hier war niemandem ein Weihnachten zu Hause vergönnt.
Einige von ihnen müssen gedacht haben: „Ausgerechnet!“, als sie erfuhren, dass US-Truppen das Gebiet für die Ausbildung und Vorbereitung nutzen würden. Ausgerechnet, denn der „Imber Friendly Fire Incident“ lag erst wenige Monate zurück. Damals hatte ein US-Pilot bei einer Übung für eine taktische Vorführung von AirPower mit Spitfires und Hurricanes Zivilisten mit Dummies verwechselt, in die Menge gefeuert und 25 Menschen getötet.
Einwohner*innen: 0.
Imber ist heute ebenfalls ein Geisterdorf, weil es wie Tyneham ein gebrochenes Versprechen der britischen Armee war. Niemand kehrte jemals nach Imber zurück und heute sind es Tourist*innen, die zu bestimmten Zeiten durch das Dorf spazieren dürfen. Jeder Versuch der Einwohner*innen, wieder als solche in das Dorf zurückkehren zu dürfen, war bisher erfolglos.
Nach dem Krieg wurde das Dorf für die Ausbildung im Bereich städtische Umwelt genutzt und es wurden sogar neue leere Gebäude zu diesem Zweck errichtet, unter anderem als Vorbereitung für Soldaten, die in Nordirland eingesetzt werden sollten.
Es ist völlig absurd, dass Imber immer noch in den Volkszählungsunterlagen für das Vereinigte Königreich aufgeführt ist. Mit der Zahl 0.
Literatur
- Ledsom, Alex: U.K. Travel. The Secret Ghost Village Forcibly Abandoned in 1943. In: Forbes (03/11/2022).
- NN: Tyneham is a ghost village on the Isle of Purbeck, Dorset. In: In Dorset.
- NN: Tyneham. Abandoned Village. In: Taste.
- Noyen, Maria: I explored an English ghost town that was evacuated in World War II, and I couldn’t help but feel heartbroken for the 225 villagers who lost their homes. In: Insider (04/09/2022).
- NN: Imber: An English Village abandoned in World War II. In: World Abandoned.
- Nash, Sarah: Frozen in time. The English ghost villages of D-Day. In: Slow Travel.
Ich möchte darauf hinweisen, dass dies eine inoffizielle Fanseite ist. Ich stehe in keiner Verbindung zu Bentley Productions, ITV oder den Schauspieler*innen.
Zuerst veröffentlicht auf MidsomerMurdersHistory.org am 22. Februar 2025.
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